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Polymerfaserbeton im Verkehrswegebau

Informationsschrift | 1. Ausgabe, November 2020 | Hersteller, Planer & Architekten, Verarbeiter

Einleitung

Die Betonbauweise hat sich u. a. aufgrund ihrer hohen Dauerhaftigkeit für den Bau von stark belasteten Verkehrsflächen, wie z. B. Autobahnen und Flugbetriebsflächen seit langem bewährt. In zunehmendem Maße wird die Betonbauweise aber auch für die Herstellung weiterer Verkehrsflächen aus Beton, wie Kreisverkehre, sonstige Verkehrs­flächen mit hohen Schubbeanspruchungen, Bus­ und Schwerlastverkehrsflächen mit spurfahrendem Verkehr, Rastanlagen sowie Stellflächen mit hoher statischer Belastung angewandt. Weitere Einsatzfelder sind Kreuzungsbereiche, Stadt­ und Landstraßen sowie Container­ und Logistikflächen mit hoher statischer und dynamischer Belastung.

Die vorliegende Informationsschrift befasst sich mit der Anwendung von Polymerfaser­beton für Verkehrsflächen in den oben genannten Anwendungsbereichen und zeigt die Vorteile und Leistungsfähigkeit von polymerfaserbewehrtem Beton auf.

1 Allgemeines zu Polymerfasern

Nach DIN EN 14889-­2 [1] sind Polymerfasern „gerade oder verformte Fasern aus extru­diertem, orientiertem und geschnittenem Material, die für die gleichmäßige Verteilung in Beton­ oder Mörtelmischung geeignet sind“. Als Polymerstoff sind Polyolefine z. B. Polypropylen oder Polyethylen, Polyester, Nylon, PVA, Polyacryl oder Aramid, oder Mischungen davon möglich.

Polymerfasern werden in folgende Klassen eingeteilt [1]:

Klasse Ia: Mikrofasern mit einem Durchmesser < 0,30 mm; als Monofilamente ausgebildet; Klasse Ib: Mikrofasern mit einem Durchmesser < 0,30 mm; fibrilliert;
Klasse II: Makrofasern mit einem Durchmesser > 0,30 mm.

Für Polymerfasern, die in Beton für den Verkehrswegebau eingesetzt werden sollen, müssen eine Leistungserklärung mit einer Bewertung und Überprüfung der Leistungs­beständigkeit nach System „1“ sowie eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) vorliegen.

In der abZ können folgende Arten der Wirksamkeit nachgewiesen werden:

  • Verminderung der Schrumpfrissbildung (Mikro­ und Makrofasern)
  • Verbesserung des Brandverhaltens d. h. Verringerung der Abplatzungen an daraus hergestellten Betonbauteilen im Brandfall (Mikrofasern)
  • Statische Wirksamkeit (Makrofasern)

Für die Anwendung im Verkehrswegebau werden Polymerfasern in folgenden Regel­werken erwähnt:

  • Nach dem Merkblatt für die Whitetopping-Bauweise (M WT) [3] können Polymer­fasern gemäß [1] zur Verbesserung der Festbetoneigenschaften (z. B. Duktilität, Zugfestigkeit, Reißneigung) zugegeben werden. Nicht genormte Fasern sollten nur mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung im Beton verwendet werden.
  • Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton (MVaB)
    Im Teil 1: Kreisverkehre, Busverkehrsflächen und Rastanlagen [4] wird darauf hin­gewiesen, dass beim Einsatz von Polymerfasern der Einfluss auf die Frisch­ und Fest­betoneigenschaften beachtet werden sollte.
    Im Teil 2: Stadt- und Landstraßen sowie plangleiche Knotenpunkte mit Hinweisen zur Baulichen Erhaltung [5] wird ausgeführt, dass eine teilweise Sichtbarkeit von Polymer­fasern an der Oberfläche keinen technischen Mangel darstellt.
  • Technische Lieferbedingungen für Baustoffe und Baustoffgemische für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen – Betonbauweisen (TL BEB StB) [6] legen fest, dass Polymerfasern bei Verwendung in schnellerhärtendem Reparatur­beton bzw. Schnellbeton werksseitig zugemischt werden müssen.

2 Wirkungsweise der Polymerfasern

2.1 Reduzierung der Rissbildung infolge Schwinden

Die positive Wirkung von Polymerfasern bezüglich der Rissbildung infolge plastischen Schwindens und Trocknungsschwinden ist in zahlreichen Publikationen und bauauf­sichtlichen Zulassungen nachgewiesen.

Die Polymerfasern wirken in zweierlei Hinsicht stabilisierend: Zum einen ist im Frisch­beton Wasser zur Benetzung der Fasern erforderlich. Dieses Wasser wirkt im Beton wie eine innere Nachbehandlung. Zum anderen wirkt der Reibwiderstand zwischen Faser und Feststoffpartikel der Rissbildung entgegen. In der Literatur ist diese Wirkung mit „Vernadeln der Risse“ beschrieben. Kommt es im Beton zur Rissbildung durch Trock­nungsschwinden wirken die Polymerfasern rissüberbrückend. Sie nehmen die Spannung im Riss schnell auf und leiten sie in die umliegende Matrix weiter, wo in Abhängigkeit der örtlichen Matrixzugfestigkeit weitere feine Risse auftreten.

Es entsteht ein Bauteil mit weniger und feineren Rissen. Dadurch werden die Ermü­dungsfestigkeit und Dauerhaftigkeit der Betonstraße erheblich gesteigert. Um die optimale Wirkung zu erreichen, sollten Makrofasern verwendet werden, die die Wirkung gegen Schrumpfrissbildung durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nach­gewiesen haben. Die Fasern sollten im Rahmen der Eignungsprüfung die Rissöffnungs­fläche um mindestens 40 % reduzieren. In der Regel ist dafür eine Dosiermenge von 2 bis 3 kg/m³ erforderlich.

2.2 Polymerfasern als tragende Bewehrung

Wird die Zugfestigkeit des Betons überschritten, entstehen Risse in der Fahrbahn. Die Polymerfasern im Beton nehmen die freigesetzte Energie auf und leiten diese über Reibung in die Rissflanken ein. Dadurch gewährleisten die Polymerfasern die Weiterlei­tung der inneren Schnittgrößen im Bereich des Risses und reduzieren unterschiedliche Setzungen. Die Funktion der Betonfahrbahn bleibt intakt und die Rissbreite wird begrenzt. Die Leistungsfähigkeit des Polymerfaserbetons wird im 4­Punkt Biegezug­versuch nach DIN EN 14488­-3 ermittelt. Um die volle Wirksamkeit zu erreichen, sollten Fasern verwendet werden, die die statische Wirkung im Rahmen einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung nachgewiesen haben. In der Regel wird dies mit einer Dosiermenge von 4 bis 5 kg/m³ erreicht.

Die beiden voran genannten Punkte führen insgesamt zu einer deutlichen Verbesserung der Dauerhaftigkeit von Betonfahrbahnen und zu einer deutlichen Steigerung der Nutzungsdauer. Durch die Zugabe von Polymerfasern entsteht eine Betonplatte mit weniger und feineren Rissen. Die Fasern erhöhen die Zugbruchdehnung und Nachrissbiegezugfestigkeit des Betons. Dies steigert die Duktilität und Stoßfestigkeit der Betonplatte und Kantenabplatzungen werden reduziert. Bauteile aus Faserbeton zeichnen sich durch eine höhere Ermüdungsfestigkeit aus.

3 Betonherstellung

3.1 Betontechnologie

Für die Zusammensetzung des Betons können die aktuellen deutschen FGSV-­Regelwerke (ZTV Beton­-StB 07, TL Beton-­StB 07, TP Beton­-StB 10) [7] genutzt werden. In der Regel kommt ein Beton C30/37 XM2, XF4, WA, Polymerfasern, C1/F3 zum Einsatz. Zu beach­ten ist, dass der Zementgehalt bei der Expositionsklasse XM2 auf 360 kg/m³ begrenzt ist. Mit Zustimmung des Auftraggebers können der Zementgehalt und der Sandgehalt der Sieblinie angehoben werden, um die für den Handeinbau benötigten Frischbeton­eigenschaften (F3 mit Polymerfasern) besser aussteuern zu können.

3.2 Zugabe der Polymerfasern

Die Zugabe der Polymerfasern erfolgt vorzugsweise im Transportbetonwerk durch automatische Dosiersysteme oder händisch.

Es wird empfohlen, Polymerfasern zusammen mit der Gesteinskörnung in den Zwangsmischer zu geben. Für eine möglichst gute Verteilung der Polymerfasern, ist ggf. eine Verlänge­rung der Mischzeit sinnvoll.

4 Betoneinbau und Herstellung der Betonoberfläche

Der Betoneinbau zeigt im Vergleich zum Beton ohne Polymerfasern einige Unterschiede. Wie sehr sich der Einbau und das Gestalten der Oberflächentextur von Betonen ohne Polymerfasern unterscheidet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Folgende Einfluss­faktoren sind hierbei zu nennen:

  • Betonzusammensetzung
  • Faserart / Faserlänge
  • Dosierung / Fasermenge
  • Einbauart / Einbaugeräte

Es ist zu empfehlen eine Probefläche anzulegen, um die verschiedenen Einflussfaktoren aufeinander abzustimmen und das Herstellen der Oberfläche zu testen. Die Probefläche und die erzielte Oberfläche können mit dem Bauherrn begutachtet werden.

Üblicherweise gibt es Polymerfasern an der Oberfläche. Das ist nicht zu vermeiden und normal. Die Polymerfasern, die an der Oberfläche zu sehen sind oder aus der Oberfläche hinausragen, werden im Normalfall durch die Nutzung der Fläche relativ schnell abge­tragen/entfernt. Von herausstehenden Fasern geht üblicherweise keine Gefahr für Fahr­zeuge (Reifen) aus. Optische Einschränkungen wie Roststellen sind nicht zu befürchten.

5 Empfehlungen für die Ausschreibung

Als geeignet für den Einsatz im Verkehrswegebau gelten Polymerfasern, die mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Alkalibeständige Polymerfasern der Klasse II (Makrofasern) mit einer Leistungserklä­rung auf der Grundlage der DIN EN 14889-­2 mit einer Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit nach System „1“ (Vorlage der Leistungserklärung)
  • allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) mit nachgewiesener Wirkung als statisch wirksame Faser und zur Verminderung der Schrumpfrissbildung (Vorlage der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung)

Die Dosierung der Polymerfasern sollte mindestens der Zugabemenge entsprechen, mit der in der Prüfung zur Verminderung der Schrumpfrissbildung eine Reduzierung der Rissöffnungsfläche um mindestens 40 % erreicht wurde. (Herstellererklärung mit Nachweis) siehe Abschnitt 2.1

Wenn die volle Leistungsfähigkeit der Polymerfaser (Nachrisszugfestigkeit des Betons) genutzt werden soll, muss die Dosierung mindestens der Zugabemenge entsprechen, mit der die Anforderungen der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung an den Nach­weis der statischen Wirksamkeit erfüllt wurden. (Herstellererklärung mit Nachweis) siehe Abschnitt 2.2

Die Zugabe der Polymerfasern zum Beton sollte werksseitig erfolgen.

Liegen keine Erfahrungen mit dem vorgesehenen Faserbeton vor, sollten der Einbau und die Oberflächentexturierung in einem Betonierversuch erprobt werden.

6 Referenzobjekte

A61 zwischen Bergheim-Süd und Bergheim, 2010

B47/AS A5 Bensheim, 2011

Literatur

  • [1] DIN EN 14889-­2 Fasern für Beton – Teil 2: Polymerfasern – Begriffe, Festlegungen und Konformität; Deutsche Fassung EN 14889­-2:2006
  • [2] Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen, z. B.
    • Z­ 3.73­2030 Beton mit Polymerfasern „Fibermesh 650 S“, Sika Deutschland GmbH
    • Z­3.73­2149 Beton mit Polymerfasern „SikaFiber Force­50“ und „SikaFiber Force­60“, Sika Deutschland GmbH
    • Z­3.73­2132 Beton mit Polymerfasern „MasterFiber 255“ und „MasterFiber 255 SPA“, BASF Construction Solutions GmbH
  • [3] Merkblatt für die Whitetopping-­Bauweise (M WT), Ausgabe 2013, FGSV
  • [4] Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton (M VaB) – Teil 1: Kreisverkehre, Busverkehrsflächen und Rastanlagen; Ausgabe 2013, FGSV
  • [5] Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton (M VaB) – Teil 2: Stadt­ und Landstraßen sowie plangleiche Knotenpunkte mit Hinweisen zur Baulichen Erhaltung; Ausgabe 2015, FGSV
  • [6] Technische Lieferbedingungen für Baustoffe und Baustoffgemische für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen – Betonbauweisen
    (TL BEB­StB 15); Ausgabe 2015, FGSV
  • [7] Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton­StB 07), Ausgabe 2007, Änderung/Ergänzung 2013, FGSV

Nachwort

Die vorliegende Informationsschrift „Polymerfasern im Verkehrswegebau“ soll Hinweise zur Verwendung von Polymerfaserbeton im Verkehrswegebau geben. Die Informations­schrift wurde von der Projektgruppe PG 2.9 „Polymerfasern für Beton“ der Deutschen Bauchemie e. V. erarbeitet und im Fachausschuss 2 „Betontechnik“ beraten und verab­schiedet. Sie soll der Fachöffentlichkeit zur Information dienen.

Es wird gebeten, Erfahrungen mit der Informationsschrift der Deutschen Bauchemie e. V., Frankfurt am Main, mitzuteilen.


Bildnachweis
Mitgliedsunternehmen Deutsche Bauchemie e. V., RWTH Aachen (ibac)

Diese Informationsschrift entbindet in keinem Fall von der Verpflichtung zur Beachtung der gesetzlichen Vorschriften. Die Informationsschrift wurde mit großer Sorgfalt erstellt. Dennoch übernimmt die Deutsche Bauchemie keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben, Hinweise, Ratschläge sowie für eventuelle Druckfehler. Aus etwaigen Folgen können deswegen Ansprüche weder gegenüber der Deutschen Bauchemie noch den Verfassern geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn die Schäden von der Deutschen Bauchemie oder ihren Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurden.

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