Informationsschrift | 1. Ausgabe, Oktober 2021 | Planer & Architekten, Verarbeiter

Einleitung
Die vorliegende Informationsschrift erläutert die Anwendung spritzbarer Dichtstoffe für begeh- oder befahrbare horizontale Flächen im Außenbereich.
Die Besonderheit von Fugen in Bodenflächen ist deren mechanische Belastung (Arbeits- und Verkehrslasten), die zusätzlich zu den sonstigen Einwirkungen auf Dichtstoffe im Außenbereich auftritt. Die Autoren versuchen, die Gesamtheit der Einwirkungen auf Bodenfugen zu erfassen, Hinweise für die Planung, Dimensionierung und Konstruktion sowie für die Auswahl geeigneter Dichtstoffe zu geben. Es werden die wichtigsten Fragen der einschlägigen Normung sowie der Verarbeitung von Dichtstoffen beantwortet als auch Hinweise zu Wartung und Instandhaltung gegeben.
Dabei beschränkt sich Teil 1 der Informationsschrift auf die Außenanwendung spritzbarer, chemisch reaktiver Dichtstoffe verschiedener Polymerklassen, ohne näher auf physikalisch verfestigende Systeme (z. B. Bitumen) oder Innenanwendungen einzugehen. Letztere werden im Teil 2 der Reihe „Elastische Dichtstoffe im Bodenbereich“ betrachtet.
1 Definition
Fugen im Außenbereich sind entweder Bewegungsfugen oder starre Fugen – eine klassische Bewegungsfuge ist neben der Hochbaufuge die elastische Bodenfuge. Dabei ist diese so auszuführen, dass die Bodenfläche dicht ist und die Bauteile gleichzeitig ungehindert Bewegungen aufnehmen können.
Die vorliegende Informationsschrift bezieht sich dementsprechend ausschließlich auf elastische Dichtstoffe für Bodenfugen im Sinne von Bewegungsfugen.
Die Bewegungsfugen können wiederum in Dehnfugen in der Fläche und in Anschluss-fugen unterteilt werden, wobei für erstere meist die große Bewegung bzw. Belastung und für zweitere eher der Anschluss zwischen verschiedenen Bauteilen im Vordergrund steht.
Neben den stattfindenden Bewegungen, welche hauptsächlich thermisch bedingt sind, sind Bodenfugen oft zusätzlichen Belastungen ausgesetzt, welche mechanisch bedingt bspw. durch Verkehr (Fußgänger oder Fahrzeuge) oder chemisch bedingt bspw. durch Reinigungsprozesse auftreten können. Oft wird auch eine Kombination von mechanischer und chemischer Belastung vorgefunden – wie bei Fugen in Parkdecks, zum einen durch das Befahren und zum anderen durch Streusalz-Rückstände, welche durch die Fahrzeugräder auf den Dichtstoff gelangen.
2 Regelungen und Arbeitsbereiche
In der nachfolgenden Übersicht sind die geltenden Regelungen für die Anforderungen an Dichtstoffe sowie für deren Anwendung im Bodenbereich zusammengestellt.


3 Einwirkungen auf Dichtstoffe
Elastische Dichtstoffe im Außenbereich sind ständigen und ständig wechselnden Einwirkungen in den Bodenflächen ausgesetzt.
Dazu gehören:
- Thermische Einwirkungen (z. B. Jahres- und Tageszeiten oder künstlich erzeugte Einwirkungen)
- UV- und Witterungseinflüsse (z. B. Regen, Sonne etc.)
- Vertikale Druckkräfte (Eigenlasten von stehenden Fahrzeugen, Containern oder Maschinen)
- Horizontale Schubkräfte (parkende Fahrzeuge in Hanglage)
- Horizontale dynamische Schubkräfte (Anfahren, Bremsen, Fußgängerverkehr) Impuls-/Stoßkräfte (z. B. Hüpfen, Vibrationen von Maschinen, Überfahren von Unebenheiten)
- Abrieb (z. B. Reinigung mit übergleitenden, wischenden/kratzenden Bürsten) Punktbelastungen
- Biologische Einwirkungen (z. B. Schimmelpilze, Bakterien, Bewuchs)
- Chemische Einwirkungen (z. B. Streusalz, Abwasser, Öle und Kraftstoffe etc.)
- Die Einwirkungen von Chemikalien sind zusätzlich abhängig von:
- Einwirkungsdauer
- Art und Konzentration der Chemikalie
- Temperatur
- Art und Zusammensetzung des Dichtstoffs
- Material der Fugenflanken

Einwirkungen auf die Dichtstofffuge erhöhen sich unter folgenden Situationen bei stark zurückliegender Oberfläche durch:
- Stehendes/stauendes Wasser/Abwasser und andere Medien
- Langsame Abtrocknung
- Reduzierte Reinigungsmöglichkeit
- Erhöhte Schmutzansammlung
In Folge von Einwirkungen treten Veränderungen der Baustoffe/Bauteile ein. Diese sind:
- Ausdehnung chemisch und physikalisch durch Wasser (Quellung)
- Schwindung chemisch und physikalisch durch Abgabe von Wasser (Trocknung)
- Verformung durch Belasten und Entlasten
- Verformung durch Trocknung
Weiter erzeugen konstruktionsbedingte Einwirkungen Bewegungen/Zustandswechsel:
- Materialwechsel
- Konstruktionswechsel
- Geometriewechsel
- Setzung durch Eigengewicht und Druck statischer Lasten
- Bei Bodenaußenflächen, Anheben und Senken durch Frost-Tauwechsel Einwirkung
Alle genannten Parameter können einzeln oder/und überlagernd und aufaddierend auf den Dichtstoff einwirken. Es ist daher eine ausreichende und in den Baustoffen/Bauteilen angepasste Fugendimensionierung erforderlich.
Physikalische Belastungen
Physikalische Belastungen eines Bodenbelags führen in der Regel zu Bewegungen im Dichtstoff.

Schwindet ein Baustoff/Bauteil, wird der Dichtstoff gedehnt. Dabei verjüngt er sich in seinem Querschnitt. Hierbei kann es zu
- Ausrissen an den Haftflächen
- Abrissen an den Haftflächen
- Reißen der Dehnfuge
kommen.

Dehnt sich ein Baustoff/Bauteil aus, so entsteht im Dichtstoff die Stauchung. Er wird zusammengedrückt. Eine große Stauchung kann zum „Platzen“ des Dichtstoffs führen.
In weiterer Folge werden Druckspannungen in den Untergrund eingetragen, die Brüche im Kantenbereich der Bauteile verursachen können.

Setzt sich ein Bauteil gleichmäßig, so wird der Dichtstoff geschert. Hierbei verschieben sich die Haftflächen parallel gegeneinander, es treten die gleichen Schadensbilder wie bei der Dehnung beschrieben auf, jedoch tritt bei Scherbelastung der Schaden wesentlich eher ein.

Kippen die Haftflächen/Bauteile trapezförmig auseinander, wirkt auf den Dichtstoff die sog. Schälbelastung ein. Bei dieser Belastung tritt der Schaden deutlich früher als bei den vorgenannten ein.
In Bodenfugen müssen mechanisch bedingte Bauteilbewegungen, Vibrationen, Setzungen etc. zusätzlich aufgenommen werden. Erst daraus errechnet sich die Mindestfugenbreite (siehe Abschnitt 5).
Bei Ortbetonflächen ist das Alter des Betons (Schwindung) zu berücksichtigen. Bei Beton ist die zu erwartende Schwindung bei der Dimensionierung der Bewegungsfuge zu berücksichtigen.
Besondere Einwirkungen
Mechanisch und gleichzeitig chemisch belastete Fugen in LAU-Anlagen (LAU = Lagern, Abfüllen, Umschlagen) sowie HBV-Anlagen (HBV = Herstellen, Behandeln, Verwenden) unterliegen dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), weshalb die Verarbeiter hier zertifizierte Fachbetriebe sein müssen. Diese Fachbetriebszertifizierung erfolgt durch eine Schulung und Prüfung durch eine Sachverständigenorganisation sowie durch einen anschließenden Überwachungsvertrag mit einer Sachverständigenorganisation. Darüber hinaus muss eine Einweisung in die ordnungsgemäße Verarbeitung des jeweiligen Fugendichtstoffs durch den Hersteller stattfinden. Des Weiteren benötigen die Dichtstoffe eine Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt).
Eine klassische LAU-Anlage ist beispielsweise die Tankstelle, die chemischen Stoffe werden in die Wassergefährdungsklassen 1 bis 3 eingeteilt.
Seit August 2017 gelten auch JGS- und Biogasanlagen (JGS = Jauche, Gülle, Silagesickersaft) als „allgemein wassergefährdend“, weshalb hier ebenfalls nur noch Bauprodukte und somit auch Fugendichtstoffe mit entsprechender allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung (abZ) / allgemeiner Bauartgenehmigung (abG) eingesetzt werden dürfen und die Verarbeiter Fachbetrieb nach WHG sein müssen.
Prinzipiell erfolgt die Belastung bei der klassischen LAU-Anlage nur kurzfristig im Falle einer Havarie, bei JGS- und Biogasanlagen jedoch über einen längeren Zeitraum bspw. während dem Gärungsprozess und dadurch anfallendem Silagesickersaft auf der Fuge im Fahrsilo.
4 Anforderungen an Dichtstoffe
Spritzbare Dichtstoffe sind typische Prozesswerkstoffe, die erst durch einen physikalischen oder chemischen Abbindevorgang nach der Verarbeitung ihre mechanische Festigkeit ausbilden. Ausnahmen sind Dichtstoffe mit dauerhaft thermoplastischen Eigenschaften (keine Abbindereaktion) wie z. B. Polyisobutylen (Butyl).

Bei 1-komponentigen chemisch reaktiven Systemen laufen nach der Entnahme der Masse aus dem Gebinde (Kartusche, Folienbeutel, Fass) unter Zutritt von Luftfeuchtigkeit chemische Reaktionen ab, die zu einer Vernetzung (Aushärtung) der plastischen Dichtstoffmasse zu einem Elastomer (gummiartig) führen. Es handelt sich überwiegend um Kondensationsreaktionen, bei denen, abhängig vom Vernetzungssystem, unterschiedliche Stoffe (Spaltprodukte) abgespalten werden (z. B. Kohlendioxid, Wasser, Alkohole, Essigsäure, Oxim, etc.). Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt ab von der Temperatur (Umgebung, Material) und der Menge an Wasserdampf in der Luft. Booster-Systeme stellen einen Sonderfall dar (Wasserzugabe im Prozess). Je höher die Umgebungstemperatur, desto schneller läuft eine chemische Reaktion ab. Die Reaktion erfolgt von außen nach innen und beginnt mit einer Hautbildung. Kalte Luft enthält weniger Feuchtigkeit und warme Luft umgekehrt, was sich jeweils direkt auf die Reaktionszeit (z. B. Hautbildung) auswirkt. Im Sommer muss der Dichtstoff daher wesentlich rascher vor dem Einsetzen der Hautbildung abgeglättet werden (Herstellerangabe).

Bei 2-komponentigen chemisch reaktiven Systemen startet die Vernetzung erst nach dem Vermischen der beiden Komponenten (Basis + Härter). Es werden statische oder dynamische Mischer sowohl für Kartuschensysteme als auch Pump- und Dosieranlagen verwendet. Die Reaktion verläuft unabhängig von der vorhandenen Luftfeuchtigkeit, wird jedoch ebenfalls von der Umgebungs- und Materialtemperatur beeinflusst. Sie verläuft zeitgleich über die gesamte Materialmasse ohne erkennbare Hautbildung. Die Bearbeitung der Materialoberfläche muss innerhalb der offenen Zeit erfolgen (Herstellerangabe).
Physikalisch verfestigende Dichtstoffe verändern sich nur physikalisch, zum Beispiel durch Verfestigen bei Abkühlung oder durch Verlust von Lösungsmittel bzw. Wasser. Es finden keinerlei chemische Reaktionen innerhalb des Dichtstoffes oder zwischen Dichtstoff und Untergrund statt.
Vorteil von 1-komponentigen Bodenfugen-Dichtstoffen ist, dass hier kein Mischaufwand anfällt und auch kein Risiko für Mischfehler. Die Aushärtung ist abhängig von Luftfeuchtigkeit und Temperatur.
Der Vorteil von 2-komponentigen Bodenfugen-Dichtstoffen ist die homogene und schnellere Aushärtung, unabhängig von der Luftfeuchtigkeit. Die Reaktion erfolgt durch das Vermischen von A- und B-Komponente.
In Bodenfugen können schnell kleinere Verletzungen an der Dichtstoffoberfläche auftreten, hier ist dann eine sehr gute Weiterreißfestigkeit gefragt. Der Wert für die Weiterreißfestigkeit kann unter anderem als Indiz für die mechanische Belastbarkeit hinzugezogen werden.
Die chemische Belastbarkeit hängt prinzipiell von der jeweiligen Formulierung des Dichtstoffs ab, dennoch gibt es je nach chemischer Basis Tendenzen.
Wesentliche Eigenschaften ausgewählter Dichtstoffgruppen
Aus den in Abschnitt 3 beschriebenen Einwirkungen auf Dichtstoffe ergeben sich Anforderungen an Dichtstoffe für die konkreten Anwendungsbereiche. Das ist insbesondere für die in Abschnitt 6 beschriebene Auswahl geeigneter Dichtstoffe von entscheidender Bedeutung.
Nachfolgend werden die wesentlichen Eigenschaften chemisch reaktiver spritzbarer Dichtstoffe diskutiert, die für Bodenfugen im Außenbereich eingesetzt werden können.
- Silikondichtstoffe
Silikone zeichnen sich durch herausragende UV-Stabilität aus, haben eine wasserabweisende Oberfläche (hydrophob) und haften sehr gut auf unterschiedlichen Untergründen wie Glas, Keramik, Beton, Naturstein, Metall und Kunststoffen mit polarer Oberfläche. Sie behalten ihre mechanischen Eigenschaften (Festigkeit, Dehn- und Rückstellvermögen) über einen weiten Temperaturbereich nahezu konstant bei (-60 °C bis +150 °C). Silikondichtstoffe ohne organische Weichmacher/Lösemittel ertragen schadlos Temperaturen von bis zu 220 °C und einige spezielle Silikondichtstoffe sogar bis zu 350 °C, weshalb sie als schwerentflammbar klassifizierbar sind (Brandverhalten). Die hydrophobe Silikonoberfläche bietet organischen Materialien keinen Haftgrund (Pilze, Bakterien, Farben, Lacke, etc.). Bei der Aushärtung von Silikonen werden je nach Vernetzertyp Alkohole (neutral), Oxime (neutral), Essigsäure (sauer), oder Amine (alkalisch) freigesetzt. Das ist bei der Dichtstoffauswahl dringend zu beachten. Je nach Vernetzertyp sind zusätzliche Schutzmaßnahmen während der Verarbeitung und Aushärtung zu beachten (Persönliche Schutzausrüstung, Lüftung). Nach Aushärtung sind Silikone chemisch und biologisch inert. - Polyurethandichtstoffe (PU)
Polyurethane besitzen ein ähnlich gutes Haftprofil wie Silikone auf verschiedensten Untergründen und bieten darüber hinaus Farben und Lacken einen guten Haftgrund (Überstreichbarkeit). Die Gruppe der Polyurethandichtstoffe zeichnet sich durch eine große Vielfalt hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften und einer ausgezeichneten Verarbeitungsfreundlichkeit aus. Der Gebrauchstemperaturbereich liegt zwischen -40 °C und ca. 130 °C, was PU für Außenanwendungen sehr gut geeignet macht. Für Verkehrsflächen zeichnen sich PU durch herausragende Weiterreißfestigkeit aus. Die Aushärtung von Polyurethanen ist eine Polyadditionsreaktion von Polyolen mit Polyisocyanaten. Die Verarbeitung erfordert entsprechend geschultes Personal. Je nach Produkt sind ggf. zusätzliche Schutzmaßnahmen zu beachten. Nach Aushärtung sind Polyurethane chemisch und biologisch inert. - Silanmodifizierte Polymerdichtstoffe (SMP)
SMP werden häufig auch als Hybridpolymere bezeichnet, weil sie – wie Silikondichtstoffe – unter Abspaltung von Alkohol neutral aushärten. Es handelt sich um polyetherbasierte organische Polymere. Sie zeichnen sich außerdem durch eine gute UV-Stabilität, ihre herausragenden Hafteigenschaften und gute Überstreichbarkeit aus. SMP sind nach Aushärtung chemisch und biologisch inert. - Polysulfid-Dichtstoffe
Polysulfide sind der Klassiker unter den Dichtstoffen und sind fast ausschließlich als 2K-Produkte erhältlich. Sie zeichnen sich durch eine hohe Treibstoffbeständigkeit und Kälteresistenz aus. Das qualifiziert sie besonders für die Versiegelung von Bodenfugen in Tankstellen sowie anderen mineralöl- und treibstoffbelasteten Bereichen. Polysulfide sind ähnlich wie Polyurethane oder SMP auch überstreichbar. Polysulfide sind nach Aushärtung chemisch und biologisch inert.
Hinterfüllmaterial für Fugendichtstoffe
Als Hinterfüllmaterial oder auch Dichtstoffvorlage wird in der Regel ein elastisches Material mit unpolarer Oberfläche gewählt, welches in Form und Dimension die Fugentiefe begrenzen und die Anhaftung des Dichtstoffes am Fugengrund unterbinden kann. Der Dichtstoff sollte normalerweise keine Haftung zum Hinterfüllmaterial aufbauen. Die Bemessung der Dichtstoffvorlage richtet sich nach der vorhandenen Fugendimension.
Folgende Materialien eignen sich zur Hinterfüllung von Dichtfugen für spritzbare Dichtstoffe:

5 Planung / Dimensionierung / Konstruktion
Befestigte Außenflächen werden auf Grund der späteren Nutzung, aber auch aus gestalterischen Gründen, aus den unterschiedlichsten Baustoffen hergestellt. Bevorzugt werden Materialien aus Beton, Naturstein oder Keramik (u. a. Klinker). Beton wird hierbei in vielfältigster Form eingesetzt. Dies kann als Ortbetonage geschehen, um einen Platz (Flugfeld) oder eine Straße (Autobahnbau) großflächig, planeben und fugenlos herzustellen.
Gerne wird Beton auch zur Herstellung von Pflastersteinen (Betonwaren) in abwechslungsreicher Form und Farbgebung eingesetzt, um damit z. B. im Privatbereich zu gestalten. Diese Pflastersteine werden in verschiedenen Bauweisen verbaut.
Dies gilt ebenfalls für Pflastersteine und Platten, welche aus Naturstein hergestellt werden. In der Vergangenheit wurden Pflastersteine in der Regel ungebunden in einem Splittbett versetzt. Die Fugen wurden dabei mit Sand oder feinem Splitt verfüllt. Auf Grund der hohen Verkehrslasten (LKW-/Busverkehr) und den modernen Reinigungsmaschinen (Kehr-Saug-Maschinen) steht die ungebundene Bauweise seit einigen Jahrzehnten in der Kritik. Die Verlegung von Pflastersteinen und Platten in einem Mörtelbett mit einer gebundenen Fuge hat sich auf Grund dessen etabliert und wird zunehmend wegen ihrer leichten Pflege bevorzugt.
Da durch die gebundene Bauweise jedoch starre, endlose Flächen entstehen, müssen diese durch Bewegungsfugen unterbrochen werden. Temperaturwechsel beanspruchen auf Grund der materialspezifischen Ausdehnungskoeffizienten die Konstruktion eines Belages im Außenraum. Hinzu kommen Spannungen aus dem Abbinde- und Trocknungsprozess der Mörtel-, Stein- und Betonschichten.
Die sich addierenden Spannungen auf großen Flächen, aber auch auf Endlosbauwerken, wie Straßen und Rinnen, dürfen nicht vernachlässigt werden. Eine Addition der Spannungen ist zu vermeiden.
Die sich durch die Temperaturschwankungen ergebenden Bauteilbewegungen sind Grundlage für die Fugendimensionierung.

Mit den berechenbaren temperaturbedingten Bauteilbewegungen ist nur ein Teil der Fugenbewegungen erfasst.
Flächen- und Endlosbauwerke sind deshalb durch Dehnfugen in Einzelflächen aufzuteilen. Jedes Feld kann seine Spannung über die Dehnfuge abbauen, größere Schäden und Mängel (gerissene Platten, zerdrückte Steine, etc.) lassen sich so vermeiden.

Abstand der Dehnfugen
Bei der Festlegung des Abstands der Dehnfugen ist das Material des Bodenbelags zu berücksichtigen.
Beton besitzt einen Ausdehnungskoeffizienten (bei 20 °C) von ca. 0,011 – 0,015 mm/m K; Naturstein hingegen einen Ausdehnungskoeffizienten (bei 20 °C) von ca. 0,006 – 0,008 mm/m K.
Hinzu kommt bei Beton, dass er durch Wasserabgabe (Trocknung) und Wasseraufnahme ein gewisses Eigenleben in Punkto Quellen und Schwinden führt. Auf Grund dessen wird empfohlen, bei Betonbauwerken Bewegungsfugen im Abstand von 5 m und bei Naturstein im Abstand von 6 – 8 m einzuplanen.
Herstellung der Bewegungsfuge
Zwei Varianten zur Herstellung von Bewegungsfugen haben sich auf den Baustellen etabliert:
1. Wird mit Beton ein flächiges Bauteil hergestellt, so werden die Bewegungsfugen durch die Betonierabschnitte eingeplant und vorgegeben. In die Fuge wird ein weicher Baustoff eingestellt, damit beim Betonierprozess die Fuge nicht vollläuft und funktional bleibt. An ihren Kanten wird die Fuge entsprechend gefast.
Der Dichtstoff liegt dadurch etwas tiefer und ist somit der direkten Belastung nicht permanent ausgesetzt.
2. Im Straßenbau (Beton oder Pflaster) wird gerne in einem Arbeitsgang ein Endlosbauwerk hergestellt. Die Bewegungsfuge oder Sollbruchstelle wird einige Stunden bis Tage später in die Fahrbahn/Straße eingeschnitten. Dies hat den Vorteil, dass der eigentliche Fertigungsprozess nicht unterbrochen werden muss und die Bewegungsfuge, speziell beim Pflasterbau, den optischen Wünschen angepasst werden kann. Hinzu kommt, dass so hergestellte Bewegungsfugen beim Pflasterbau besonders robust sind, weil im unteren Bereich der Fuge das Widerlager des Steins erhalten bleibt. Ein Kippeln des Steins bei Brems- oder Beschleunigungsvorgängen wird dadurch vermieden.
Das Einbringen des Dichtstoffes in die Bewegungsfuge wird in üblicher Vorgehensweise ausgeführt:
- Flanken reinigen von allen haftungsmindernden Stoffen Einlegen einer Hinterfüllschnur
- Ggf. Primern der Anhaftflächen
- Einbringen des Dichtstoffes
- Glätten des Dichtstoffes
Grundsätzlich sollten Fugen, wenn möglich, dort geplant werden, wo keine permanente chemische oder mechanische Belastung auftritt.
Mechanisch belastete Bodenfugen müssen von Anfang an unterschiedlich geplant werden, je nachdem ob es sich um begehbare oder befahrene Fugen handelt. Um eine Stolpergefahr für Fußgänger zu vermeiden, werden begehbare Fugen bis zur Oberkante mit dem Fugendichtstoff gefüllt. Bei befahrenen Fugen kann es sinnvoll sein, dass die Fugenflanken gefast sind, um den direkten Kontakt zwischen Fahrzeugreifen und Dichtstoff zu vermeiden.
Größere Bodenfugen, welche ggf. deutlich über 20 mm breit sind, sollten vermieden werden oder ggf. mit zusätzlichen Vorkehrungen je nach Belastung wie bspw. Schlepp-Blechen geschützt werden, um eine zu große Angriffsfläche für mechanische Beschädigungen zu vermeiden.
Des Weiteren kommen im Boden des Öfteren sogenannte Kreuzfugen vor, hier sollte bei der Fugenberechnung daher die 1,5-fache Fugenbreite angesetzt werden. Bei einer Kreuzfuge treffen sich zwei Fugen im rechten Winkel, weshalb die auftretende Belastung hier multidimensional und somit besonders hoch ist.
6 Auswahl geeigneter Dichtstoffe
Die untenstehende Tabelle gibt für die Dichtstoffauswahl in vereinfachter Weise einen Überblick über die besonderen Anforderungen an elastische Dichtstoffe und deren Relevanz für die Abdichtung von Bodenfugen im Außenbereich für verschiedene, beispielhaft genannte Anwendungsbereiche.
Hierbei werden in der vorliegenden Informationsschrift ausschließlich spritzbare Dichtstoffe betrachtet und keine Fugenbänder.
Die grundsätzliche Eignung der in einem Abdichtungssystem verwendeten Produkte ist immer im Vorfeld mit den Empfehlungen des Dichtstoffherstellers abzugleichen oder separat abzuklären.

7 Verarbeitung
7.1 Vorbereitung (Neubau und Sanierung)
Die Flächen müssen trocken, staub- und fettfrei sein sowie frei von nichthaftenden Teilen (Lunker, Lackreste, Rost, etc.), damit der Dichtstoff darauf haften kann. Neben der Reinigung erfordern manche Oberflächen zusätzlich eine Vorbereitung mit einem Primer, damit die Dichtstoffe anhaften können. Primer sind abhängig vom zu verbindenden Material auszuwählen.
Sanierung: Entfernen des alten Dichtstoffs
Bei der Sanierung sind im ersten Schritt der alte Dichtstoff sowie die alte Rundschnur gründlich und restlos zu entfernen. Der Ausbau der elastischen Fugen erfolgt in der Regel mit einem mechanischen Verfahren wie z. B. mit einem Cuttermesser oder mittels Fugenschneider. Falls neben mechanischen Hilfsmitteln auch chemische Entfernungsmittel zur Entfernung der Dichtstoffrückstände eingesetzt werden, ist sicherzustellen, dass keine chemischen Rückstände in der Fuge zurückbleiben und keine Reaktionen mit darunterliegenden Schichten auftreten, die die Haftung der neu eingebauten Dichtstoffe beeinträchtigen. Diese können die Aushärtung und somit die Funktionalität des neuen Dichtstoffs beeinflussen.
7.2 Einbau Dichtmassen
Standfest
Vor der Verfugung mit einem standfesten Dichtstoff ist eine Rundschnur (z. B. PE) zur Vermeidung einer Dreiflankenhaftung einzubringen. Diese ist bei Bodenfugen so zu wählen, dass die Fugentiefe der Fugenbreite entspricht.
Selbstnivellierend
Wenn die Neigung der Bodenfuge < 3° beträgt, kann neben standfesten Dichtstoffen auch mit selbstverlaufenden Dichtstoffen gearbeitet werden, sodass automatisch eine glatte Oberfläche entsteht.
Bei selbstnivellierenden Dichtstoffen gelten dieselben Voraussetzungen wie bei einem standfesten Dichtstoff, wesentlicher Unterschied ist die Verarbeitung. Während selbstnivellierende Dichtstoffe vor allem in der komplett waagerechten Fuge eingesetzt werden können, werden standfeste Dichtstoffe auch in Fugen mit entsprechendem Gefälle appliziert.
Abziehen bei selbstnivellierenden Dichtstoffen nicht notwendig!
7.3 Ausführungshinweise
Fugengeometrie, z. B. Hohlkehle
Die Fugenbreite von Dehnungsfugen im Bodenbereich sollte generell mindestens 10 mm und maximal 20 mm betragen. Die Fugentiefe sollte durch Hinterfüllung der Fugen im ungefähren Maßstab von 1:1 zur Fugenbreite gesetzt, allerdings auf maximal 15 mm begrenzt werden.
Befahrene Bodenfugen sollten zum Schutz der Beton- und Estrichkanten leicht angefast oder mit Kantenschutzprofilen versehen sein und der Dichtstoff sollte vertieft eingebracht werden.
Bei begangenen Bodenfugen sollte eine flächenbündige Verfugung gewählt werden, um Stolpergefahren und ungewolltes Sammeln von Flüssigkeiten zu vermeiden.
Daher sollten auch chemisch beanspruchte Fugen wie begangene Bodenfugen ausgeführt werden.
Die Formgebung (Entstehen der leichten Hohlkehle) wird durch die eingesetzte Abziehhilfe beeinflusst.
7.4 Glättmitteleinsatz
Es sollte kein Glättmittel auf die Fugen gesprüht oder unkontrolliert mit einem Pinsel auf Dichtstoff und Fugenränder aufgetragen werden. In einer optimalen Anwendung wird empfohlen, das Glättwerkzeug mit dem passenden Glättmittel zu benetzen und anschließend die Fuge abzuziehen.
Es darf nur ein für die Anwendung geeignetes Glättmittel nach Herstellerempfehlung bei der Verfugung von Boden-fugen eingesetzt werden. Allerdings sollte sich der Einsatz auf ein Minimum begrenzen. Glättmittel-Rückstände auf der Dichtstoffoberfläche oder auf den angrenzenden Materialien sind zu vermeiden.
Bei Pinselauftrag ausschließlich den Fugendichtstoff gezielt mit einem sauberen Pinsel mit wenig Glättmittel benetzen und den Fugendichtstoff anschließend mit Glättwerkzeug abziehen und glätten.
8 Wartung und Instandsetzung
8.1 Wartung
Nach dem der für die Anwendung und die zu erwartende Belastung passende elastische Dichtstoff gewählt und nach den aktuellen Regeln der Technik fachgerecht eingebaut wurde, gilt es durch regelmäßiges Kontrollieren, die dauerhafte Funktionalität zu über-wachen.
Durch die unterschiedlichsten physikalischen, mechanischen und chemischen Belastungen, die während der Lebensdauer auf den Dichtstoff einwirken, können Schäden entstehen, die wiederum Folgeschäden mit sich bringen.
Welche Fugen sollten daher gewartet werden?
Nach DIN 52460 ist die Wartungsfuge eine starken chemischen und/oder physikalischen Einflüssen ausgesetzte Fuge, deren Dichtstoff in regelmäßigen Zeitabständen überprüft und ggf. erneuert werden muss, um Folgeschäden zu vermeiden. Diese Wartungsfugen sind bereits vor Beginn der Arbeiten dem Auftraggeber anzuzeigen und in der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen.
Da vor allem im öffentlichen Raum unvorhersehbare zusätzliche Belastungen chemischer oder mechanischer Natur auf den Dichtstoff einwirken können, ist der Zeitraum der Entstehung von Mängeln in der Fuge nicht vorab zu benennen. Grundsätzlich ist die Wartung von Wartungsfugen in der Verantwortung des Bauherrn, des Betreibers oder deren Beauftragten und nicht im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers. Daher empfiehlt sich ein zusätzlich zu vereinbarender Wartungsvertrag nach DIN 52460, der die Wartungsaufwendungen, Pflichten des Auftraggebers sowie die Kostendeckung klar regelt.
Die Intervalle zur Wartung sind individuell je nach Einsatzbereich und zu erwartender Belastung festzulegen. Für spezifische Bereiche wie LAU- oder JGS-Anlagen gibt es bereits Empfehlungen und Vorgaben für Prüfungen und Wartungsintervalle in den gültigen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen.
Durch visuelle Begutachtung der Boden- und Anschlussfuge können entstandene Mängel einfach geprüft werden:
- Abrisse im Flankenbereich
- Risse im Dichtstoff
- Beschädigungen im Dichtstoff
- Veralgung
- Verfärbung
- Abrieb/Verschleiß
8.2 Instandsetzung

Muss die Fuge erneuert werden, ist der Dichtstoff zunächst mechanisch zu entfernen. Chemische Reiniger könnten zusätzlich in darunter liegenden Schichten Schäden verursachen oder die Haftung und Vernetzung des neueingebrachten Dichtstoffes beeinflussen und sind daher pauschal nicht zu empfehlen.
Nach vollständiger Entfernung des alten Dichtstoffes muss dann, unter Berücksichtigung der aktuellen Regeln der Technik und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einwirkungen und Belastungen, ein neuer Dichtstoff gewählt und eingebracht werden.
Weiterführende Literatur
- [1] EN 15651-4:2012* Fugendichtstoffe für nicht tragende Anwendungen in Gebäuden und Fußgängerwegen – Teil 4: Fugendichtstoffe für Fußgängerwege
*Diese Fassung der Norm (Ausgabejahr 2012) ist die für die CE-Kennzeichnung entsprechender Produkte maßgebende, d. h. im Amtsblatt der EU bekanntgemachte, Fassung der harmonisierten europäischen Norm. Die Normversion EN 1565-1:2017 hingegen hat diesbezüglich keine Relevanz. - [2] EN 14188-2:2004 Fugeneinlagen und Fugenmassen – Teil 2: Anforderungen an kalt verarbeitbare Fugenmassen
- [3] ISO 11618:2015 Hochbau – Dichtstoffe – Klassifizierung und Anforderungen für Dichtstoffe von Gehwegen
- [4] CRD-C 526-92 SS-S 200E Federal Specification “Sealants, Joint, Two-Component, Jet-Blast-Resistant, Cold-Applied for Portland Cement Concrete Pavement” (SS-S-200E), 1992
- [5] ASTM C 920 Standard Specification for Elastomeric Joint Sealants, ASTM International, 2018
- [6] ZTV Fug-StB 15 Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Fugen in Verkehrsflächen, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV, Köln, 2015
- [7] Merkblatt Pflasterdecken und Plattenbeläge aus Naturstein für Verkehrsflächen, DNV Deutscher Naturstein-Verband e.V., Würzburg, Ausgabe April 2000
- [8] Merkblatt für Flächenbefestigungen mit Pflasterdecken und Plattenbelägen in gebundener Ausführung (M FPgeb), 618/2, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV, Köln, 2018
- [9] WTA-Merkblatt 5-21-09/D Gebundene Bauweise – historisches Pflaster, Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. (WTA), 2009
- [10] ZTV Wegebau: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen für den Bau von Wegen und Plätzen außerhalb der Flächen des Straßenverkehrs, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL), Bonn, 2013
Nachwort
Die vorliegende Informationsschrift „Elastische Dichtstoffe im Bodenbereich – Teil 1: Außenbereich“ wurde von der Projektgruppe 7.6 „Bodenfugen“ der Deutschen Bauchemie e.V. erarbeitet und im Fachausschuss 7 „Baudichtstoffe“ beraten und verabschiedet. Sie soll der Fachöffentlichkeit zur Information dienen.
Die Informationsschrift wurde erarbeitet von
- Michael Baer
SOUDAL N.V., Leverkusen - Petra Fischer
Deutsche Bauchemie e.V., Frankfurt am Main - Ralf Heinzmann
Sika Deutschland GmbH, Stuttgart - Andreas Huber
Hermann Otto GmbH, Fridolfing - Jörg Jammer
LUGATO GmbH & Co. KG, Barsbüttel - Julia Michel
Sika Deutschland GmbH, Stuttgart - Olaf Pretzsch
Dow Silicones Deutschland GmbH, Wiesbaden - Mario Sommer
Sopro Bauchemie GmbH
Die Deutsche Bauchemie e.V. bittet darum, Erfahrungen und Anmerkungen zu dieser Informationsschrift der Geschäftsstelle in Frankfurt am Main mitzuteilen.
Bildnachweis
Mitgliedsunternehmen Deutsche Bauchemie e. V.